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„Wir sind Bilder mit Charakter“ oder …

… „Unsere Ausstellungs-Eröffnung im Wilhelm-Hack-Museum“

Seit einiger Zeit – ich weiß nicht wie lange schon – hängen wir zusammengepfercht in diesem kleinen Raum. Jeder von uns ahnt, dass etwas Großes bevorsteht und die Spannung legt sich wie eine schwere Decke über uns. Sie nimmt uns die Luft. Gut, objektiv gesehen ist das nicht weiter schlimm, denn Bilder müssen nicht wie wir atmen. Ja, ihr habt richtig gehört: Was bei euch Knochen und Fleisch ist, besteht bei uns aus Leinwand und Acryl-Farbe. Zumindest bei den meisten von uns. Das gerahmte Bild an der Ecke scheint ein Aquarell zu sein.
Ich sehe schon vor mir, wie ihr jetzt die Augen verdreht. Bilder haben kein Bewusstsein, sagt ihr großspurig, aber woher wollt ihr es denn wissen? Spürt ihr etwa nicht gelegentlich, wie ein Hauch der Seele, die ihr in uns hineingelegt habt, wie ein sanfter Luftzug eure Nasen kitzelt, während ihr uns betrachtet? Nein? Ihr Menschen seid wirklich lustig.

„Oh Gott, Oh Gott, OH GOTT OH GOTT OH GOTT!“, kreischt die gehetzte Stimme der Stadtlandschaft neben mir. Langsam kann ich es nicht mehr hören. Den ganzen Tag schon geht sie uns anderen mit ihrer Hektik auf die Nerven. Sie ist laut, überspannt und die vielen Reklame-Tafeln auf ihr schreien uns andauernd ihre Werbung entgegen. Gelegentlich hupt sogar einer der Autofahrer, so als hätte er noch immer nicht begriffen, dass er sich nie auch nur einen Zentimeter von der Stelle bewegen wird. „Ich glaube, wir werden ausgestellt!“ Auf den Ausruf folgt ein ganzes Hupkonzert. Keine drei Sekunden kann dieses Bild ruhig sein.

Das Meer auf der anderen Seite seufzt und die Bäume auf der kleinen Insel im See schütteln unwillig ihre Kronen über so viel Aufregung. Sie mögen es nicht, wenn man ihre stillen Wasser so aufwühlt.

„Vielleicht hat es Recht“, erklingt plötzlich eine Stimme mit schottischem Akzent aus der Ecke. „Ich sehe da Menschen auf uns zu kommen.“ Das hätte das Aquarell nicht sagen dürfen, denn jetzt ist der Time Square völlig außer sich: „Ich werde ein Star!“, ruft er aufgeregt. Großstädter …
Der drohende Donner aus den Wolken über der kleinen Insel hätte Warnung genug sein sollen, aber das aufgeregte, von seiner Broadway-Karriere plappernde Bild ignoriert den gutgemeinten Hinweis und die Wolken verdunkeln sich erregt. Bevor es jedoch zu dem herannahenden Streit zwischen der Seelandschaft und der Stadtszenerie kommt, durchdringt die ruhige, melodische Stimme der geheimnisvollen Berglandschaft den Raum. „Ruhe. Ich kann etwas hören.“ Im ersten Moment denke ich, sie sagt es nur um die erhitzten Gemüter zu beruhigen – sie ist wirklich harmoniebedürftig -, doch dann höre ich es auch.

Tatsächlich erklingen Stimmen vor unserem kleinen Raum. Einige davon sind bekannt, sie waren dabei, als wir geboren wurden, andere könnten uns kaum fremder vorkommen.
Eine Rede wird gehalten, von der wir aufgrund der Entfernung und dem Time Square, der dazu übergegangen ist, Broadway-Lieder zu hupen, leider kaum etwas verstehen können.
Dann betreten plötzlich Menschen unser Séparée. Viele Menschen. So viele, dass es richtig eng wird. Abrupt unterbricht der Time Square den Beyoncé- Song, den er gerade angestimmt hat, und auch wir anderen erstarren vor Aufregung
Stumm bestaunen wir die Menschen, die noch immer hereinkommen, und die Menschen staunen zurück. Nach der Reihe stellt sich immer einer unserer Schöpfer neben sein Werk und sagt etwas Nettes über uns. Der Sonnenuntergang über dem Steg wird von den Komplimenten, glaube ich, sogar noch ein wenig röter.

Ganz langsam reift in uns allen die Erkenntnis heran, dass es wahr ist.
Wir werden ausgestellt – vom 15. Mai bis 10. Juni 2018 im Ludwigshafener Wilhelm-Hack-Museum!

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